Im Rahmen der Behandlungsplanung sind zahlreiche Fragen zu klären?
- Welches psychotherapeutische Verfahren verspricht bei den vorliegenden Beschwerden die beste Wirksamkeit?
- Welches psychotherapeutische Verfahren passt zur Zielsetzung des Betroffenen?
- Ist eine Einzel- oder eine Gruppentherapie wirksamer?
- Könnte eine Kombination von Verfahren besonders wirksam sein?
- Welche Intensität der Behandlung ist notwendig?
- Wer sollte am besten die Behandlung durchführen?
- Welche Risiken sind mit bestimmten psychotherapeutischen Verfahren verbunden?
- Ist eine medikamentöse Behandlung sinnvoll?
- Sollte die Psychotherapie mit einer Medikation kombiniert werden?
- Welche Chancen und Risiken sind mit einer Medikation verbunden?
- Könnte ein stationärer Aufenthalt in einer Psychosomatischen Klinik oder einer Reha-Klinik hilfreich sein?
Das Problem
Die derzeitige Ausbildung der Psychotherapeuten hängt von dem jeweils gewählten psychotherapeutischen Verfahren ab. Die Therapeuten haben also meist entweder eine verhaltenstherapeutische Ausbildung oder eine tiefenpsychologische bzw. psychoanalytische Ausbildung. Dabei haben die Therapeuten üblicherweise keine relevante Ausbildung in den anderen Verfahren. Ein Verhaltenstherapeut versteht also meist wenig von Psychoanalyse und ein Psychoanalytiker wenig von Verhaltenstherapie. Diese Ausbildungshintergründe haben erhebliche Auswirkungen auf die psychotherapeutische Versorgungspraxis.
Prof. Klaus Grawe hat über Jahrzehnte über die Wirksamkeit von Psychotherapie geforscht und schreibt dazu Folgendes:
“Die therapieschulorientierte ‘Scheuklappen’-Ausbildung führt unmittelbar zu gravierenden Missständen der psychotherapeutischen Versorgungspraxis. Ein Patient wird, gleich was für Störungen er hat, mit den Methoden behandelt, die zum Spektrum des jeweiligen Therapeuten (…) gehören.”
“Es besteht eine Kluft zwischen der Zahl jener Patienten, die eine psychotherapeutische Behandlung erhalten, und der Zahl jener Patienten , die die bestmögliche psychotherapeutische Behandlung erhalten. Ein sehr großer Anteil tatsächlich behandelter Psychotherapiepatienten wird gegenwärtig schlechter behandelt, als es angesichts des vorhandenen Wissens und der vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten eigentlich angebracht wäre.”
“Die wirksamsten Therapiemethoden (…) kommen in der alltäglichen Versorgungspraxis viel zu selten zur Anwendung. Patienten, für die sich solche Methoden als besonders geeignet erwiesen haben, werden stattdessen mit Methoden behandelt, die nicht nur unnötig lange dauern, sondern die trotz einer längeren Behandlungszeit geringere oder auch gar keine Besserungen bewirken.”
Klaus Grawe et al.: Psychotherapie im Wandel. Von der Konfession zur Profession. 5. Auflage, Göttingen 2001, S. 691
Die Lösung
“Ein auf die Interessen der Patienten ausgerichtetes Versorgungssystem müsste daher so organisiert sein, dass ein Patient (…) mit den Methoden behandelt wird, die sich für seine Probleme am wirksamsten erwiesen haben. Das könnte entweder so aussehen, dass der einzelne Psychotherapeut selbst über das gesamte Spektrum der bewährten Behandlungsmöglichkeiten verfügt, oder aber, dass er alle in Frage kommenden Behandlungsmöglichkeiten und ihre tatsächlichen Wirkungen kennt und eine Zuweisung zu einem dafür geeigneten Therapeuten vornimmt. Beides ist gegenwärtig höchstens ganz ausnahmsweise der Fall. Therapeuten, die willens und in der Lage wären, so zu handeln, müssten auch eine ganz andere Ausbildung durchlaufen haben, als sie heute angeboten wird.”
Klaus Grawe et al.: Psychotherapie im Wandel. Von der Konfession zur Profession. 5. Auflage, Göttingen 2001, S. 25
Was Klaus Grawe hier im Jahr 2001 als psychotherapeutische Vision beschreibt, wurde in unserem Praxiskonzept in die Tat umgesetzt. Dabei findet zunächst eine sorgfältige diagnostische Abklärung statt. Anschließend werden die Hintergründe der Beschwerden geklärt um dann das passende psychotherapeutische Verfahren auswählen zu können. Erst dann wird mit der eigentlichen Behandlung begonnen.
Welche psychotherapeutischen Verfahren gibt es?
Die wichtigsten psychotherapeutischen Verfahren sind:
Zudem gibt es noch die systemische Therapie als anerkanntes psychotherapeutisches Verfahren. Die systemische Familientherapie betrachtet das Symptom als Ausdruck einer Störung im sozialen System des Betroffenen. Es wird deshalb das soziale Umfeld des Betroffenen in die Therapie miteinbezogen was insbesondere bei destruktiven Paar- und Familienkonflikten hilfreich sein kann.
Schließlich gibt es auch noch die Humanistische Psychotherapie mit unterschiedlichen Bezeichnungen und Unterformen (Gestalttherapie, Gesprächspsychotherapie, klientenzentrierte Gesprächstherapie nach Rogers). Diese Methoden gelten in Deutschland derzeit aber (noch) nicht als eigenes psychotherapeutisches Verfahren.
Darüber hinaus gibt es noch viele andere Behandlungsmethoden und Behandlungstechniken. Diese lassen sich unter theoretischen Gesichtspunkten aber alle mehr oder weniger den oben genannten Grundverfahren zuordnen.
Laut den in Deutschland gültigen Psychotherapie-Richtlinien muss jeder Psychotherapeut in einem der anerkannten psychotherapeutischen Verfahren ausgebildet sein. Dies gilt für Ärzte und Psychologen. Heilpraktiker gelten formal nicht als Psychotherapeuten und müssen deshalb auch keine anerkannte Ausbildung nachweisen.
Kann man die Verfahren kombinieren?
Man könnte erst einmal denken, dass eine Kombination der Verfahren besonders sinnvoll und wirksam ist. So einfach ist es aber nicht. So verfolgen die unterschiedlichen Verfahren auch verschiedene Zielsetzungen wodurch es zu Zielkonflikten kommt.
Nehmen wir ein Beispiel: Eine Frau bekommt beim Gedanken an die bevorstehende Hochzeit immer Panikattacken. Ist es hier das Ziel die Symptome möglichst rasch zur Abheilung zu bringen damit die Patientin beschwerdefrei heiraten kann? Oder ist es das Ziel den Konflikt hinter den Symptomen zu verstehen wobei hierdurch die Hochzeit möglicherweise ganz ausfällt?
Deshalb kommt es bei der Kombination von Verfahren oft zu Verwirrungen, Irritationen und schlechteren Behandlungsergebnissen als in einer “sauber” durchgeführten Behandlung in nur einem Verfahren.
Hierzu ein technisches Beispiel: Natürlich kann man die Eigenschaften eines Sportwagens und eines Geländewagens miteinander kombinieren und vielleicht kommt dabei auch ein recht gutes Alltagsauto heraus. Ein “echter Sportwagen” ist aber mit Sicherheit schneller auf der Autobahn und ein “echter Geländewagen” besser im Gelände. Auch hier handelt es sich um einen Zielkonflikt bei welchem man sich zur Erreichung bestmöglicher Ergebnisse entscheiden muss. Am Schluss entscheiden dann aber oft die Details über das Ergebnis und Sie hängen mit Ihrem Alltagsauto einfach im Schlamm fest. Mit einem “echten Geländewagen” hätten Sie Ihr Ziel aber erreicht.
Ein ausführlicheres Beispiel zur Verdeutlichung der Relevanz dieses Punkts finden Sie hier.
Verhaltenstherapie oder Tiefenpsychologie?
Dies gilt aber auch andersherum. Oft machen Patienten über zahlreiche Stunden eine Verhaltenstherapie und kommen dort einfach nicht weiter. Dies tritt besonders dann auf, wenn das Behandlungsanliegen keine klare Zielsetzung beinhaltet oder eben konflikthaft sind. So hilft die Verhaltenstherapie oft wenig wenn man nicht weiß was man will, wer man ist und wo man hin will. Für diese Fragestellungen ist die Verhaltenstherapie ihrem Wesen nach zu funktions- und zielorientiert.
Die Verhaltenstherapie eignet sich also beispielsweise bei Flugangst wenn man die Flugangst beseitigen will. Sie eignet sich aber meist wenig für existenzielle Fragen.
Dabei gibt es zwischenzeitlich auch integrative Ansätze wie beispielsweise die Schematherapie. Dennoch ist eine Schematherapie mit einer analytischen Psychotherapie nicht zu vergleichen weshalb eben doch eine Entscheidung notwendig ist.
Auch die „gleichzeitige“ Durchführung unterschiedlicher Verfahren ist oft keine Lösung da die Verfahren nur sehr eingeschränkt „kompatibel“ sind.
Die Verfahren haben unterschiedliche Zielsetzungen
Die unterschiedlichen Verfahren unterscheiden sich wesentlich in Vorgehensweise und Zielsetzung:
- Psychoanalyse:
Symptomabheilung steht nicht im Zentrum, die diagnostische Einordnung ist sekundär, der Prozess ist offen, der Analytiker fokussiert nicht auf ein bestimmtes Thema, der Patient gestaltet die Stunde, keine saubere Trennung zwischen „gesund“ und „krank“, mehr Selbsterfahrung als Heilmethode. - Verhaltenstherapie:
Das Symptom wird quasi mit der Erkrankung gleichgesetzt, die Abheilung des Symptoms wird mit der Heilung gleichgesetzt, die ganze Behandlung zielt auf eine möglichst rasche Abheilung der Symptome, die Vorgehensweise ist damit sehr „ärztlich“ und wie bei einem Medikament. - Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie:
Die Behandlung zielt auf die Abheilung der Symptome, geht dabei aber fokussiert vor und versucht die ursächliche Konflikthaftigkeit zu behandeln, von der Zielsetzung steht die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie damit zwischen der analytischen Psychotherapie und der Verhaltenstherapie, die Vorgehensweise ist zwar „ärztlich“, gleichzeitig aber ursachenbezogen und nicht ausschließlich symptomatisch.
Sorgfältige Abwägung ist entscheidend
Schwierig und problematisch wird der Sachverhalt da die Entscheidung für ein bestimmtes psychotherapeutisches Verfahren meist mehr oder weniger “zufällig” getroffen wird. Die Betroffenen gehen zu einem bestimmten Psychotherapeuten und dieser Psychotherapeut wendet das Verfahren an, welches er selbst erlernt hat.
Die wenigsten Therapeuten sind in unterschiedlichen Verfahren ausgebildet. So sind die meisten Psychotherapeuten eben Verhaltenstherapeuten oder Tiefenpsychologen oder Psychoanalytiker.
Professionelle Hilfe erforderlich
Dabei denken die Betroffenen oft erst über das Verfahren nach, wenn die Psychotherapie eben nicht die gewünschte Wirkung oder sogar eine negative Wirkung zeigt. Dann sind aber oft schon viele Stunden vergangen. Die Therapeuten stellen die Verfahrensfrage leider oft auch nicht und überweisen teilweise selbst dann nicht in ein anderes Verfahren, wenn die Behandlung zu scheitern droht oder bereits gescheitert ist.
Überspitzt formuliert ist es so, dass die empfohlene Behandlung oft vom primär aufgesuchten Behandler abhängt. Geht der Patient zum Verhaltenstherapeuten, bekommt er eine Verhaltenstherapie, geht er zum Psychoanalytiker, bekommt er eine analytische Psychotherapie, geht er zum Hausarzt oder zum Psychiater, bekommt er oft ein Medikament.
Dies kann so eigentlich nicht sinnvoll sein und ist es auch nicht. Gleichzeitig ist aber die Entscheidung für ein bestimmtes Verfahren derart komplex, dass für die Entscheidung eben eigentlich tiefgreifende Kenntnisse über die Verfahren und die die Psyche des Betroffenen erforderlich sind.
Der Patient selbst kann dabei diese Entscheidung ohne fachliche Hilfe eigentlich nicht sinnvoll treffen. Dies wäre wie wenn der Patient darüber entscheiden würde mit welcher Operationstechnik sein Herzfehler am besten zu operieren ist. Diese Problematik erklärt möglicherweise auch eine Vielzahl von fehlgeschlagenen Therapien.
Unsere Praxis
In unserer Praxis führen wir deshalb zunächst eine sorgfältige diagnostische Abklärung durch. Anschließend klären wir mit Ihnen das in Ihrem Fall passende psychotherapeutische Behandlungsverfahren. Erst im nächsten Schritt beginnen wir mit der psychotherapeutischen Behandlung oder leiten die entsprechenden Schritte ein.
Bei Interesse an einer Terminvereinbarung verwenden Sie bitte unser Kontaktformular.